Brief an Julie Wolfthorn, 7.2.1903, Hamburg-Blankenese / Seite 4
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Berlin herübergekommen. Er war nach der
Vorlesung so ergriffen, daß er ganz hellgrün
schillerte, er brachte kein Wort heraus; doch!,
er sagte: Ich habe immerzu geheult — während
Liebermann von einem Fuß auf den andern
hopste, die Brauen bis in die halbe Stirn hochzog und
10 mal hintereinander rief: Ne dolle Sache! Ne
dolle Sache!!! — Das Buch von Frau Dr. Adams-
Lehmann heißt: Die Gesundheit im Haus. Verlegt von
in
Stutt-
gart, Süddeutsches Verlagsinstitut. — Im Sir Duncan
scheinen die Meinungen sehr geteilt: Liebermann fand sie
ein Eckel, Schauerbock, Nichts war ihm scharf genug sie
zu kennzeichnen. Auch Keßler fand nichts an ihr. Aber
Schall u. Rauch wollen wir uns Ostern nicht entgehn lassen.
Ich freue mich, als wenns mich was anginge, daß es
jetzt so was in Deutschland giebt. Auch die Triesch als
Otegebe möcht' ich gern sehn. Haben Sie ihrer Bibelvor-
lesung beigewohnt? Zu merkwürdig, daß Sie sich nicht
mehr für sie begeistert haben! Ich dachte, Sie würden sich
auf dieses Modell stürzen. Aber Reicke hat wohl Recht:
Sie müssen immer in Ihr Modell verliebt sein,
wenigstens ein wenig, u. so was läßt sich nicht kom-
mandieren. — Unser Nachbarbackfisch Flory wird
immer reizender — daß Sie sich die entgehen ließen!
Grüße!
Frau Isi.