Postkarte an Ida Dehmel, 31.1.1900, Berlin / Seite 2
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Meine liebe Frau Isi. Glück auf die Reise! Wollen Sie
noch ein bischen Klatsch als Wegzehrung? Ducha ist mit
dem „größten‟ poln. Dichter‟ nach Paris. Er war 5 Tage
hier u. trank entsetzlich. Sonst ist Stille. Unsre we-
nigen Freunde zerstieben nach allen Seiten: der
kl. Eeg hat gestern sein letztes Lied gesungen. Kennen
Sie: „quand la nuit tombe sur Paris.‟ u. Schwesterlein, Kinderlein
(Brahms)? Die beiden singt er so wunderbar. Ich hab ihn
am letzten Abend noch gezeichnet, will Ihnen die Photo.
schicken. Ihr Bild hab ich auch photogr. lassen. Es ist wunder-
bar geworden. Mitte März geht es nach Hamburg. Ist da
jemand der sich dafür interessiert? Kunst-Verein. Neuer
Wall. Ich arbeite wenig, bin immer gleich müde. Ist es
denn mit der Ruhe abgethan, das Leben? Und nützt
wohl das Auswendiglernen einem dem das Herz
zu Sterben wund ist, lieber R. D? Ich will's versuchen.
Übrigens ist in ganz Berlin kein Ex. von d. Lebensblättern aufzutrei-
ben. Ich wollt's für d. kl. Eeg kaufen. Es muß eine neue Aufl. gemacht
werden. Schicken Sie mir sie u. wieder eine Karte ohne Ansicht u. mit viel
. Ihre J. W-T.