Brief an Richard Dehmel, 15.1.1905, Hamburg-Rahlstedt / Seite 1

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Mein lieber alter Richard.
1. Gut. Am 23. auf d. Hann. B. 4 Uhr 27 2 Uhr 47.
2. Mit Dr. E. Sch. hab ich „alle geschäftlichen und litte-
rarischen Beziehungen abgebrochen‟. Wie stehts mit
Deiner (Balladen-) Angelegenheit? Mündlich mehr.
3. Ich nenne den Cantus jetzt, nach langer Überlegung:
Das letzte Geleit
.
In Deinem Motto find ich „schauderhaft‟ 100,000,000,000
mal besser als „wundervoll‟. „Schauderhaft‟ ist (wenn
auch nicht „überlegener‟, so doch viel ironischer! Allerdings
„ironischer‟ hier in ganz großem Sinn! Aber Du hast
über Dich zu befehlen. „Gähnt‟ laß ich stehn. Klingts arg
etwas gesucht und ists sogar etwas wie ein Plagiat (das
gähnende Grab), so gefällts mir doch hier sehr gut!
Und nun: Giebt es ein Wiedersehn? Wer hofft
es nicht? (Fragezeichen oder noch besser Punkt.??). Ich habe
bis zum verrücktwerden nachgedacht (Ich wüßte nichts.
Natürlich nicht. u. s. w. u. s. w. Ich finde kein Besseres als:
Wer hatte es nicht?
Ich lasse stehn:
„Ein Jauchefaß will ich für euch erkiesen‟ (natürlich um
drin sie versaufen). „...über eure Wiesen‟ bedeutet nicht der Tod.

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