Brief an Alice Bensheimer, 14.1.1902, Hamburg-Blankenese / Seite 4
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Jetzt kriegst Du was erzählt: Am Freitag um 10 früh
klingelts. Es waren grad so viel Handwerker da, daß
man nur im Eßzimmer sitzen konnt. Ich mach selbst
auf. Nu rat! Nu, rat mal! — Peter Behrens!!!
Daß ich ihm nicht um den Hals gefallen bin, nur Zufall!
Nein, hab ich mich gefreut. Und wir waren auch gleich wieder
die Alten. Nach 5 Minuten sprachen wir, als hätten wir
uns vor 3 Tagen zuletzt gesehen. Er hat wahrscheinlich im
Winter öfters hier zu thun, u. wir werden uns also
bald wiedersehn. Das ist mir eine große Freude.
Dann am Sonntag früh klingelts. Ich mache auf. Wer kommt?
Ein Telegrafenbote. Was bringt er? Eine Depesche von
Keßler aus Paris, er käme zu meinem Geburtstag
her. Der Guste ihr erstes Wort war: Und mein neu Kleid
ist nicht fertig!‟ Ich entwarf das Menu und freute
mich. Aber gestern früh kam ein Telegramm, es habe
ihn plötzlich ein heftiges Unwohlsein überfallen, er müsse
direkt nach Berlin fahren. Schad, aber er wird bald
kommen, denk ich. Sonntag Nachmittag hatten wir
die ersten Kaffeegäste, ein Dichter Spiero mit
Frau — nichts von Belang.
Ja, der arme Liliencron. Er leidet so unter dieser
Geschichte. Na, er geht nicht dran kaput. — Fürs „Geschäft brauchen
wir sogar allerlei: Einfache 4 eckige rote Couverts, u. der
Siegellack ist all (auch der für Packete) und Lösch-
blatt ist brodnötig. Krieg ich dann das Essigfläschchen?
Ap. hat uns natürlich auch den Bericht geschickt!
Addio, ich muß noch Allerlei schreiben! Ja, so ein Geburtstag!