Brief an Alice Bensheimer, 5.2.1909, Ort unbekannt / Seite 3

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2.
wo ich dann noch auf ein halbes Stündchen
eindusle. Das erschwert mir natürlich das Er-
holen ungemein. Ein paar von meinen Be-
kannten sagen mir, daß ich nur so obendrauf
atme, besonders beim Gehen. Davon versteh ich
nichts, mir ist das Wichtigste, daß ich besser gehn
kann als im Herbst. Ich kann schon etwa ¾
Stunden unterwegs sein, wobei ich allerdings
nicht weiter komme, als ein Gesunder in 20
Minuten u. einen Buckel mache ich auch dabei,
denn mein Kreuz verlangt das. Aber die
Schraubendreherartigen Schmerzen beim Gehen
haben aufgehört.— Mein Appetit ist unver-
gleichlich besser als in Heidelberg; unsre kräf-
tige norddeutsche Küche läßt den Ekel nicht
aufkommen. Guste ist besorgt
um mich. Alles läuft wie am Schnürchen.
Jeden Morgen bekomme ich meine
Spülung, um ½ 10 mein Sitzbad (in
dem sie mich dann gleich abseift) dann
ein warmes Frühstückchen u. darauf er-
scheint E.P., die mich spazieren führt.
Mittags war ich, glaub ich, bis jetzt noch
nicht einmal ohne Besuch; ich habe Mühe
es so einzurichten, daß nicht mehrere auf
einmal kommen; das kann ich noch nicht ver-
tragen.

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