Brief an Alice Bensheimer, Datum unbekannt, Berlin-West / Seite 1

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Dearest!
Ich hatte eine so tolle Jagd wie die Hellers einfach
für unmöglich gehalten. Daß Leute sich für ihre Gäste
eine solche Arbeit machen, u. daß Berliner ausgelassen
sein können. Es war , durchaus geschmacksvoll.
7 Zimmer ganz ausgeräumt, nicht ein normales
Möbel darin. Die ganzen Wände mit bemalten Leinen
bespannt, Kairo, Alt Berlin, Tyrol, Maschinenhalle, Cham-
pagnezimmer u. eins ganz mit Reklamen. Reizende
u. wirklich witzige Costume die Krone aber LM
Hier sind also seid kurzem Dienstmänner auf Velocipeden,
um ½7 Abends kam einer anmarschiert, LM zog von
Kopf zu Fuß sein Costum an, sehr hübsch grau mit rot/
hatte aber wirklich in 5 Minuten fahren gelernt. Die Räder
tragen hinten ein großes Brett auf das ich mich setzte,
so fuhren wir herein. Der Beifall war .
Wenn das Rad einmal 20 Minuten in der Ecke stand war
allgemeines Halloh danach. Alle Damen ließen sich in allen
Stellungen der Welt fahren kurz — Bombenerfolg. Gegessen wur-
de an 8ter Tischen, mich führte der Hausherr. Mein anderer Herr
war ein Baumeister, mit dem ich mich gut unterhielt. Sehr
musikalisch, sehr belesen, ein sympathischer denkender Mann! Und
ich mache immer wieder die Erfahrung, daß nichts anderes als
Kunst und Schönheit Interesse für mich hat. Platte
Salongespräche sind mir ein . Um ½ 3 gingen wir als
weiteres Erste. . Aber der gestrige Abend! Liebes das waren
Stunden des allerreinsten Genusses. Was für menschen
sind Dehmel u. Ansorge. Auch Wolfskehl ist ein angenehmer
durchaus feinsinniger Mensch. Hedwig L. kommt nur im Allein-

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