Brief an Alice Bensheimer, 21.7.1903, Ort unbekannt / Seite 3
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beobachtete, so kurz nur als ein vorüberfahren-
der Wagen dazu Zeit läßt, doch genügte dieser
Moment ihm zu zeigen, daß sie glücklich sind.
Von da an gehörte ihnen meine Sympa-
thie. — Nun möchte ich wohl wissen, da alle
Leute sagen ich hätte mich so sehr verändert,
ob ich mich in dem Maaß wie Gusti verändert
habe. Sie ist nämlich ein andrer
Mensch geworden. Auch äußerlich. Mir war
sie ja früher zu gedrechselt, geschniegelt,
zu süß und zu niedlich. Deßhalb nannte ich
sie Pralinée. All das hat sie ganz verloren.
Sie ist voller, schwerer geworden; sie trägt
das Haar nicht mehr in Biedermeierlocken,
sondern glatt gescheitelt, ja sie hat nicht
einen Blick in den Spiegel geworfen
als sie den Hut abnahm. Sie hat etwas
Mütterliches bekommen, um ihre Stimme scheint