Brief an Richard Dehmel, 31.5.1898, Ort unbekannt / Seite 1

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Weil ich so ernst geworden, darf ich scherzen.
Weil ich so heiter, darf das Roß der Musen
mich tragen durch die Wildniß grim̄ster Schmerzen;
denn Alles kan̄ & darf ein freier Busen.
Lieber Richard,
Diese Worte Im̄erman̄s aus „Tristan & Isolde
gehen mir seit Tagen im Kopf herum & ich setze
sie hierher, einerlei, ob sie zum Inhalt meines
Briefs passen. Du fragst mich : wie das
[Arno Holz etc.]
auf
mich wirkt? Ich antworte Dir: überhaupt gar nicht.
Zum Voraus: Ich kenne von den letzten Gedichten
Holzens
nur circa 1 Dutzend, die ich — glaube ich —
in der „Jugend‟ unter dem Titel „Phantasus‟ gelesen
haben. Es war furchtbar schofeles Zeug. Dabei ging
der Dichter offenbar noch von der Ansicht aus, daß
er Kolossales hingeschrieben habe. Es war durchgehends
Mache, die meiner Ansicht nach heutzutage jeder
geriebene Journalist sich leisten kann. Gefühl war
absolut keines darin zu verspüren.— Nun hab ich

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